Schweinezucht für die Zukunft:

Chancen nutzen, Herausforderungen meistern


 

Heute wird der Grundstein für morgen gelegt

Zucht für morgen muss nachhaltig sein.


Zuchtziele in der Tierzucht müssen heute verschiedensten Anforderungen genügen. Sicherlich steht in erster Linie die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Produzenten im Fokus, aber mehr und mehr gewinnen auch andere Themen an Bedeutung. Wir kennen die aktuellen Diskussionen über die Umsetzung der Gruppenhaltung bis Ende nächsten Jahres, die Versuche und Erfahrungen zur Ebermast, um dem angestrebten Kastrationsverzicht gerecht zu werden, die Meldungen über Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung, negative Verbrauchermeinungen über landwirtschaftliche Tierhaltung u. v. m. 

Zucht für morgen muss auch die 'schwierigen' Merkmale verbessern

Auch müssen sich die Züchter mehr und mehr um die Verbesserung anspruchsvoller Merkmale kümmern. 'Anspruchsvoll' in dem Sinne, dass diese bislang als schwierig zu beeinflussen gelten, weil sie a) schwer erfassbar oder messbar sind, b) oftmals antagonistisch in Beziehung zueinander stehen und c) in unterschiedlichen Praxisbetrieben auch noch eine andere Ausprägung haben als in Zuchtbetrieben.

Diese sogenannten B-Merkmale wie z. B. Verluste und Sauenlanglebigkeit haben in der Summe eine hohe wirtschaftliche Bedeutung in der Schweineproduktion, werden aber aus den oben genannten Gründen oft vernachlässigt. So stehen diese Merkmale stehen nicht so sehr im Mittelpunkt wie die leichter zu verbessernden und scheinbar wichtigeren A-Merkmale wie z. B. Fleischanteil und Wurfgröße.

Es lässt sich aber belegen, dass auch hier Fortschritt erzielbar ist, wenn verfügbare neue Technologien wie z. B. ein Kreuzungszuchtprogramm und die Genomische Selektion in Kombination eingesetzt werden. Diese Methoden werden allerdings immer komplexer und aufwändiger. Sie erfordern eine exzellente züchterische Infrastruktur und entsprechende Ressourcen sowohl finanzieller als auch fachlicher Art. 

BLUP – die erste Revolution in der Tierzucht ist heute Standard

In der klassischen Zucht wurden die Eltern für die nächste Generation auf Basis ihrer Eigenleistung im jeweils relevanten Merkmal selektiert. Das ist sehr einfach und gut für Merkmale mit hoher Erblichkeit.

Um 1990 revolutionierte das BLUP-Verfahren die Tierzucht. Diese statistische Methode ermöglichte es erstmals, eine Fülle von Daten von Verwandten einzubeziehen. Man benötigt Pedigrees, Computer und Datenbanken, um alles zu verarbeiten. Die Stärke des BLUP-Verfahrens kommen vor allem bei niedrig erblichen Merkmalen zum Tragen, denn die Informationsfülle macht die Zuchtwerte sicherer. Wer BLUP richtig nutzt, erzielt nach kurzer Zeit auch bei diesen Merkmalen Zuchtfortschritt. Die In der klassischen Zucht wurden die Eltern für die nächste Generation auf Basis ihrer Eigenleistung im jeweils relevanten Merkmal selektiert. Das ist sehr einfach und gut für Merkmale mit hoher Erblichkeit.

Um 1990 revolutionierte das BLUP-Verfahren die Tierzucht. Diese statistische Methode ermöglichte es erstmals, eine Fülle von Daten von Verwandten einzubeziehen. Man benötigt Pedigrees, Computer und Datenbanken, um alles zu verarbeiten. Die Stärke des BLUP-Verfahrens kommen vor allem bei niedrig erblichen Merkmalen zum Tragen, denn die Informationsfülle macht die Zuchtwerte sicherer. Wer BLUP richtig nutzt, erzielt nach kurzer Zeit auch bei diesen Merkmalen Zuchtfortschritt. Die enormen Leistungssteigerungen in der Sauen-Fruchtbarkeit der vergangenen Jahre wären ohne BLUP nicht denkbar gewesen.

 

Daten aus der Praxis machen die Zuchtwertschätzung praxisnäher und damit sicherer

 

BLUP ist zudem eine gute Möglichkeit, um erstmals sinnvoll die immer wichtiger werdenden Daten aus kommerziellen Praxisbetrieben z. B. von Kreuzungs-Sauen und -Mastschweinen zu nutzen. Hinter dem Konzept des PIC-Kreuzungszuchtprogrammes steht das Ziel, die Nukleustiere an der Spitze der Zuchtpyramide aufgrund von Zuchtwerten einer Fülle von Verwandten in Praxisbetrieben bzw. unterschiedlichen Umwelten zu selektieren und damit Genetik-Umwelt Interaktionen zu neutralisieren.

 

Die meisten Merkmale in den PIC-Zuchtindizes sind schon heute Merkmale der Kreuzungsleistung, nicht der Reinzuchtleistung. Beispiele zeigen, dass damit der  Zuchtfortschritt in kommerziellen Betrieben nahezu genauso groß und schnell sein kann, wie in den Nukleusbetrieben.

So werden z. B. in den kommerziellen Mastbetrieben, die Daten für das Kreuzungszuchtprogramm liefern, die Futteraufnahme und damit die Futterverwertung mit Hilfe von elektronischen FIRE-Abruffütterungsstationen genau gemessen. Diese exakten Daten ergänzen damit die auf dieselbe Art und Weise gewonnenen Daten der Geschwister in der Nukleusstufe. 

Das Kreuzungszuchtprogramm liefert zudem auch Daten, die es zusammen mit genomischen Informationen ermöglichen, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnenenden Animal-Welfare-Merkmale züchterisch zu bearbeiten. Gruppenhaltung von Sauen ist ab 2013 Gesetz. Es ist daher notwendig, auch Zuchtwerte für Verhaltensmerkmale zu definieren, die sicherstellen, dass PIC- Genetik in diesen Gruppenhaltungs-Systemen auch weiterhin erfolgreich ist. 


Genomische Selektion – die jüngste Revolution in der Tierzucht

Die Genomische Selektion revolutionierte 2010 erneut die Zucht. Im Prinzip ist die Genomische Selektion eine Weiterentwicklung der Marker-gestützten Selektion. Man benötigt alles, was man auch für BLUP benötigt, obwohl in einigen Fällen Pedigrees gar nicht mehr zwingend erforderlich sind. Die Genotypisierung einer Vielzahl von DNA-Markern über moderne High Tech SNP-Chips ist notwendig. Daher ist und bleibt es eine sehr teure Methode, obwohl der technische Fortschritt diese Kosten in wenigen Jahren dramatisch reduziert hat.

Diese noch junge neue Technologie ist ideal für Merkmale, die schwer zu messen sind, weil sie z. B. teures Gerät oder ein komplexes Testdesign erfordern, beispielsweise bei der Zucht auf Krankheitsresistenz, oder auch sehr hilfreich für Merkmale, bei denen man sehr lange auf Daten warten muss wie z.B. bei der Sauenlanglebigkeit.

Noch vor zehn Jahren war man der naiven Meinung, dass mit Einführung der Genomische Selektion der klasssische Leistungs- und Nachkommentest überflüssig werden würde. Inzwischen weiß man, dass genomische Informationen sich nur dann auszahlen, wenn sie in Kombination mit einer ausreichenden Anzahl genauer Leistungsdaten aus der realen Produktionsumwelt, genutzt werden. Die Leistungsdaten aus der realen Produktionsumwelt dienen dabei als "Trainings- und Aktualisierungsmaterial", denn die gefundenen Effekte müssen immer wieder aufs Neue upgedatet werden

In der Schweinezucht steht anders als in der Rinderzucht nicht die Verringerung des Generationsintervalls im Vordergrund, sondern die Erhöhung der Genauigkeit der Zuchtwerte, also wie genau der geschätzte Zuchtwert den wahren Zuchtwert voraussagt. Die Steigerung des Zuchtfortschrittes ist daher direkt proportional zur Genauigkeit der Zuchtwertschätzung.

Bereits im Dezember 2010 hat PIC die genomischen Selektion in die Zuchtindizes der zwei wichtigsten PIC-Zuchtlinien implementiert. Die ersten Resultate zeigen signifikante Steigerungen der Genauigkeit, vor allem für niedrig erbliche und schwer messbare, aber sehr wichtige Merkmale der Schweineproduktion – vgl. Tabelle 1.

 

Tabelle 1: Zuchtwert-Genauigkeit = Zucht-Fortschritt

Linie

Merkmal

Genauigkeitszuwachs
durch Genomische Selektion, %

Vaterlinie

Erbdefekte

39%

Vaterlinie

Verluste

59%

Mutterlinie

Geb. Ferkel

41%

 


Die Mischung macht's:

BLUP-Zuchtwertschätzung plus reale Produktionsdaten plus Genomische Selektion

Abb. 1: Kreuzungsdaten und Genomische Selektion er-höhen die Genauigkeit der BLUP-Zuchtwertschätzung

Gerade in der Kombination genomischer Informationen mit umfangreichen Leistungsdaten aus der Nukleus- und Praxisstufe liegt die Stärke des neuen Verfahrens – vgl. Abb. 1.

Genomische Zuchtwerte wurden bislang mit den traditionellen, auf den Eigenleistungs- und Verwandteninformationen beruhenden Teilzuchtwerten "gemischt", um so die endgültigen Teilzuchtwerte zu erhalten, die in den Gesamtselektionsindex der jeweiligen PIC-Linie einfließen. Im letzten Jahr haben die PIC-Experten diese mehrstufige Methode durch einen neuen Schätzprozess ersetzt, der dies nun in einem Schritt vollzieht. Das sehr komplexe Verfahren ermöglicht es nun, die Vorteile der genomischen Selektion für alle bedeutenden Zuchtzielmerkmale bei allen acht wichtigen PIC-Zuchtzielen simultan zu nutzen. Zunutze machen sich die PIC-Züchter dabei die umfangreiche PIC-Datenbank mit umfassenden Informationen zu Abstammungen und verwandtschaftlichen Beziehungen. Damit können sie eine so genannte Genomische Verwandtschaftsmatrix erstellen und so genomische Informationen 

auch nicht direkt genomisch getesteten Tieren zuordnen.

Darüber hinaus bietet die "Imputation-Technologie" – Imputation: engl. für Zurechnung, Zuschreibung, Anrechnung – die Möglichkeit, mit Informationen aus Low Density Chips (mit z. B. weniger als 1.000 untersuchten SNP-Markern) High Density Genotypen (z. B. mit 60.000 SNP-Markern) zu generieren. Ein sehr kompliziertes Verfahren, das allerdings vom Grundkonzept genauso wie abläuft, wie das menschliche Gehirn einen Text liest.

Den folgenden Absatz 

Können Sie dies lesen?

 

Afugrnud enier Stidue an der elingshcen Cmabrdige Unvirestiät ist es eagl, in wlehcer Rienhnelfoge die Bcuhtsbaen in eniem Wrot sethen, das enizg wcihitge dbaei ist, dsas der estre und lzete Bcuhtsbae am rcihgiten Paltz snid. Der Rset knan ttolaer Bölsdinn sien, und man knan es torztedm onhe Porbelme lseen.

Das ghet dseahlb, wiel das mneschilche Geihrn nciht jdeen Bchustbaen liset sodnern das Wrot als Gnaezs.

 

… ein Computer kann …

lesen wir nahezu problemlos.

Mit Computer-Algorithmen kann diese Fähigkeit des menschlichen Gehirns nachgebildet werden, so dass diese die entsprechenden Werte an fehlenden Datenpunkten einsetzen können (= Imputation), nachdem sie gelernt haben, welche DNA-Segmente in der Population vorkommen. Wenn alle fehlenden Werte ersetzt worden sind, kann der Datensatz mit Standardtechniken für komplette Datensätze analysiert werden. Mit vertretbaren geringeren Kosten, 15$ anstelle 150$ pro Chip und Tier, können nun genomische Zuchtwerte mit nahezu gleich hoher Genauigkeit wie mit teurer High Density Technologie für die zu selektierenden Tiere geschätzt werden. Die eigens dafür entwickelte neue Software hat sich bislang als äußerst robust, effizient und genau erwiesen.

 

Die richtigen Instrumente schaffen die Vorraussetzungen, um auch 'schwierige' Merkmale zu verbessern

Mit den oben beschriebenen Instrumenten – BLUP-Zuchtwertschätzung, Praxisdaten, genomische Informationen – haben die PIC-Züchter nun wertvolle Werkzeuge an der Hand, um im Allgemeinen als schwierig angesehene Merkmale erfolgreich zu bearbeiten. Gerade deshalb vernachlässigen viele Zuchtorganisationen oft derartige B-Merkmale.

Mit den richtigen Werkzeugen und deren gezieltem Einsatz können genetische Antagonismen gebrochen werden, einfach dadurch, dass alle relevanten Merkmale im Zuchtziel berücksichtigt werden. So ist die Zahl der lebend geborenen Ferkel dank BLUP in den letzten Jahren stetig gestiegen. Es geht nun darum, diese Ferkel mit möglichst geringem Aufwand aufzuziehen und die Verluste zu minimieren. Übergeordnetes Gesamtziel sind geringe Ferkelverluste bei gleichzeitig steigenden hohen Wurfleistungen, aber ohne den Einsatz von arbeits- bzw. kostenintensiven und zunehmend ethisch- und tierschutz-bedenklichen natürlichen oder gar künstlichen Ammen.

 

Wurfgrößen steigern und gleichzeitig Ferkelverluste senken – kein Widerspruch für die moderne Zuchtarbeit!

Abb. 2: Simultane Zucht: Korrelationsbrecher nutzen – auf genetische Antagonismen züchten Zuchtfortschritt in vier PIC-Mutterlinien

Saugferkelverluste können unterteilt werden in 1) als ein Merkmal der Sau, letztlich alles, was mit guten Muttereigenschaften zu tun hat und 2) in ein Merkmal des Ferkels, die Vitalität und Robustheit. Zuchtorganisationen, die subjektive Merkmale wie z. B. das Gesäuge sehr stark in den Vordergrund stellen, laufen Gefahr, das eigentliche wirtschaftlich relevante Ziel zu verfehlen.

Der einzige Weg aus diesem Labyrinth ist es, auf das Merkmal selbst, also eine verbesserte Ferkelüberlebensrate, zu züchten. Der große Vorteil der Ferkelüberlebensrate liegt darin, dass sie objektiv erfasst und gemessen werden kann, subjektive (Wunsch-) Vorstellungen sind also ausgeschlossen. Der zweite Vorteil liegt darin, dass die Ferkelüberlebensrate zwar im niedrigen Erblichkeitsbereich liegt, aber durch eine reale Zahl dargestellt wird, die heute wunderbar mit verfeinerten modernsten BLUP-Zuchtwertschätzverfahren bearbeitet werden kann.

Und es macht durchaus sehr viel Sinn auch die Vaterlinien auf Ferkelvitalität zu selektieren, denn der Endstufeneber bestimmt letztlich die Hälfte der genetischen Qualität des Ferkels für dieses Merkmal. Selbst nach diesem Kriterium selektierte Piètrain-Endstufeneber tragen inzwischen nachweislich wesentlich dazu bei, dass zunehmend höhere Aufzuchtergebnisse erzielt werden.

Die Wurfgröße wird weiter erhöht werden, denn der Markt verlangt nach diesem A-Merkmale. Sie bestimmt entscheidend mit die Wirtschaftlichkeit der Ferkelproduktion. Aber man darf den Bogen nicht überspannen. Entscheidend ist, dass gleichzeitig auch B-Merkmale wie die Ferkelüberlebensrate verbessert werden.

Viele Leute denken nach wie vor, dass dies unmöglich ist, weil hohe Ferkelzahlen auch mit höheren Verlustraten erkauft werden müssen.

Aber beide Merkmale, sowohl die Wurfgröße als auch die Ferkelüberlebensrate zeigen bei PIC klare und deutlich positive Zuchtfortschritte, einfach deshalb, weil mit ausgefeilten neuen Methoden auf gleichzeitig beide Merkmale selektiert wird. Die ganze Kunst besteht darin, die richtige Balance zu finden.

Merkmale der Zukunft schon jetzt im Blick

Ein sehr wichtiges Element in Sauen-Genotypen, die sehr große Würfe realisieren, ist der Metabolismus, der hinter der Milchproduktion steckt: Neue schwierige B-Merkmale wie Futter- und Wasseraufnahme während der Laktation und auch der Anteil an Körpergewebe, den die Sau während der Laktation mobilisiert, sind entscheidende Faktoren und beeinflussen Vieles. Diese Merkmale können einfach gemessen werden, dennoch stecken aber eine Menge Arbeit und somit auch Kosten dahinter. 

Die meisten Zuchtorganisationen scheuen deshalb diesen Aufwand. Bei PIC werden diese wichtigen Merkmale allerdings schon 2012 über Zuchtwerte Eingang in die Zuchtzielsetzung der PIC-Mutterlinien finden.

Die gesamte deutsche Schweinebranche arbeitet seit 2009 an Alternativen zur Kastration und geht auf längere Sicht vermutlich in Richtung Ebermast. Die niederländische Schweineproduktion hat 2015 als Ziel für den Kastrationsverzicht vor Augen. Verschiedene Einzelhändler vermarkten bereits heute kein Fleisch mehr von kastrierten Tieren. Logische Schlussfolgerung daraus ist, dass bis 2020 ein Großteil der europäischen Produzenten Eber nicht mehr kastrieren wird.

Dies bedeutet auf der einen Seite zwar Fortschritte im Tierschutz und in der Wirtschaftlichkeit für Schweineproduzenten, aber auf der anderen Seite auch neue Herausforderungen für die Vermarktung und die Logistik aufgrund der Ebergeruchsproblematik. 3 – 6 % der Eber weisen unerwünschte Geruchsabweichungen auf, die durch einen Cocktail verschiedener Substanzen verursacht, im Wesentlichen aber durch Androstenon und Skatol bestimmt werden. Die Gehalte an Androstenon und Skatol variieren und sind rassen-/linienspezifisch. Erfreulicherweise haben sie eine relativ hohe Erblichkeit. Auch die zugrunde liegenden Gene und Marker sind weitestgehend bekannt, so dass es möglich ist, Schweine mit geringerem Ebergeruch zu züchten.

Obwohl es weitgehend unbekannt ist, wie Verbraucher auf ein steigendes Angebot von Fleisch von Ebern reagieren, muss der Ebergeruch reduziert werden, um zu vermeiden, dass der Verbrauch kollabiert oder die verarbeitende Industrie auf Importe von kastrierten Schweinen zurückgreift.

Da Androstenon ein Sexualhormon ist, könnte die Zucht auf verringerte Androstenon-Gehalte negative Auswirkungen auf andere ähnliche Hormone wie Testosteron oder Östrogen haben, die wiederum die männliche oder weibliche Fruchtbarkeit negativ beeinflussen könnten. Dies muss und kann verhindert werden durch eine balancierte Zucht, sprich simultane Selektion auf Fruchtbarkeitsmerkmale. Über ein Kreuzungszuchtprogramm für Vaterlinien kann die Zucht auf geringen Ebergeruch relativ kurzfristig implementiert werden, da die Infrastruktur der Merkmalserfassung bereits existiert und nur ein weiteres Merkmal neben den bereits erfassten Merkmalen Fleischanteil, Zunahme, Futterverwertung, Verlusten, Erbdefekten usw. erfasst werden muss.

Ebergeruch wird in Deutschland und den Niederlanden von allen größeren Schlachtunternehmen bereits mittels biologischer Nase standardmäßig erfasst. Es gibt also Daten. Das neue Merkmal HNS (Human Nose Score) für den Ebergeruch hat eine zwar niedrigere Erblichkeit als seine Haupt-Komponenten Androstenon und Skatol, aber sie ist hoch genug, um einen Zuchtfortschritt zu realisieren und damit  mittelfristig Endstufeneber zu züchten, die ein geringeres Ebergeruchsrisiko ihrer Nachkommen gewährleisten.

Die aktuelle Forschung konzentriert sich zudem darauf, mit Hilfe neuer molekularbiologischer Methoden Eber zu entwickeln, die überhaupt kein Androstenon produzieren oder nur weibliche Nachkommen haben. Derartige Zuchtprodukte könnten bei Erfolg in drei bis acht Jahren auf dem Markt verfügbar sein. 

 

Alles in allem werden die züchterischen Instrumente immer anspruchsvoller, sowohl in der Verbesserung der traditionellen, als auch der neuen komplexeren Merkmale. Die Genetik wird sich in schnelleren Raten als bisher weiterentwickeln und damit auch neue Herausforderungen an konventionelle Denkweisen im Management von Schweinen stellen. HLO